Mein Hund jagt Katzen – wie kann ich es ihm abgewöhnen?
Ein uralter Instinkt – aber nicht ungefährlich
Es ist eine Szene, die viele Hundebesitzer nur zu gut kennen: Man geht entspannt mit seinem Vierbeiner spazieren, plötzlich zischt eine Katze über den Weg – und der Hund springt wie von der Tarantel gestochen los. Die Jagd beginnt. Was für den Hund ein instinktives Verhalten ist, kann für Katzen, Passanten, andere Tiere und nicht zuletzt auch den Hundehalter schnell gefährlich werden. Doch warum jagen Hunde eigentlich Katzen? Und wie lässt sich dieses Verhalten abtrainieren?
Warum Hunde Katzen jagen – Ursachen verstehen
Bevor du an eine gezielte Verhaltensänderung denkst, musst du verstehen, was deinen Hund zum Jagen treibt. Hier die häufigsten Ursachen im Überblick:
Beutetrieb (Jagdmotivation): Hunde stammen vom Wolf ab. Obwohl unsere Haushunde meist sehr sozialisiert sind, ist der Beutetrieb bei vielen Rassen noch stark ausgeprägt. Katzen lösen durch ihr flüchtiges Verhalten automatisch diesen Reiz aus.
Lernverhalten: Hat dein Hund gelernt, dass das Jagen einer Katze mit Spaß oder Erfolg verbunden ist (z. B. weil er sie schon mal „gestellt“ hat), wird er dieses Verhalten häufiger zeigen.
Frustration oder Stress: Manche Hunde reagieren auf Stress oder Reizüberflutung mit impulsivem Verhalten – wie dem Hetzen von Kleintieren.
Mangelnde Impulskontrolle: Besonders junge oder unausgelastete Hunde haben Schwierigkeiten, ihre Impulse zu kontrollieren – ein blitzschnell rennendes Tier ist dann schlicht zu verlockend.
Abgewöhnen: So klappt’s Schritt für Schritt
1. Management: Sicherheit geht vor – der erste Schritt zum Erfolg
Bevor überhaupt an aktives Training zu denken ist, bildet ein konsequentes und durchdachtes Management die absolute Grundlage. Es ist der Schutzschild, der dich, deinen Hund, die Katze und alle Beteiligten vor Stress, Konflikten und möglichen Gefahren bewahrt. Ziel ist es, das unerwünschte Jagdverhalten deines Hundes gar nicht erst auszulösen – denn Verhalten, das nicht mehr gezeigt wird, kann sich auch nicht weiter festigen oder verstärken.
Ein kluges Management reduziert nicht nur Risiken, sondern schafft gleichzeitig ideale Bedingungen für erfolgreiches Training. Denn nur, wenn dein Hund nicht permanent mit Situationen konfrontiert wird, die ihn überfordern oder zum Jagen animieren, kann er neue Verhaltensmuster verinnerlichen.
Die wichtigsten Management-Maßnahmen im Überblick
✔ Leinenpflicht in katzenreichen Gebieten
Selbst der beste Hund wird bei starkem Jagdtrieb instinktiv reagieren – besonders dann, wenn sich eine Katze blitzschnell bewegt oder direkt vor seiner Nase auftaucht. Darum ist es unumgänglich, dass dein Hund während der Trainingsphase konsequent an der Leine geführt wird, insbesondere in Wohngegenden, Parks, Gärten oder ländlichen Regionen, in denen mit freilaufenden Katzen zu rechnen ist.
Die Leine ist in dieser Phase kein Kontrollverlust, sondern ein wertvolles Sicherheitswerkzeug. Sie schützt nicht nur die Katze vor möglicher Verletzung, sondern auch deinen Hund vor Gefahren wie dem Überqueren einer Straße oder unkontrollierbaren Jagdsituationen. Gleichzeitig gibt dir die Leine die Möglichkeit, in kritischen Momenten Einfluss zu nehmen – und deinem Hund Alternativen zum Jagdverhalten zu bieten.

✔ Einsatz einer Schleppleine – Distanztraining unter Kontrolle
Die Schleppleine (meist 5 bis 10 Meter lang) ist dein idealer Begleiter, um deinem Hund schrittweise mehr Bewegungsfreiheit zu gewähren – ohne auf Sicherheit zu verzichten. Sie erlaubt es dir, das Verhalten deines Hundes auf Distanz zu beobachten, einzugreifen und Rückrufsignale oder Impulskontrolle unter realistischen Bedingungen zu trainieren.
Wichtig ist dabei, dass die Schleppleine nicht schleifen gelassen, sondern bewusst geführt wird – entweder locker in der Hand oder mit einem Stopper gesichert. Nutze sie nicht als bloßes Kontrollinstrument, sondern als Trainingshilfe, um deinem Hund Stück für Stück mehr Eigenverantwortung zu übertragen. So lernt er, auch in größerer Entfernung bei dir zu bleiben – und Katzen zu ignorieren.
✔ Kein „Testen“, kein Provozieren – Konfrontationen vermeiden
Es ist ein häufiger Fehler gut gemeinter Trainingsversuche: Hunde werden absichtlich in Situationen gebracht, in denen sie auf Katzen treffen – in der Hoffnung, das Verhalten so „abzuhärten“ oder unter Kontrolle zu bringen. In Wahrheit bewirkt dies genau das Gegenteil.
Wenn dein Hund noch keine stabilen Alternativverhalten gelernt hat, wird jede neue Jagd- oder Erregungssituation sein unerwünschtes Verhalten weiter verstärken. Der Kontakt mit Katzen sollte daher nur in einem fortgeschrittenen Trainingsstadium und unter kontrollierten Bedingungen stattfinden.
Vermeide Spazierwege, auf denen regelmäßig Katzen auftauchen. Wähle ruhigere Zeiten für Spaziergänge oder verlege Routen, wenn nötig. Management bedeutet auch: Situationen vorausdenken, statt sie zu „überstehen“.
✔ Schutzräume für Hauskatzen – Sicherheit im eigenen Zuhause
Falls du sowohl einen Hund als auch eine oder mehrere Katzen in deinem Haushalt hast, ist es entscheidend, klare Rückzugsbereiche für die Katze zu schaffen. Diese Räume müssen für den Hund jederzeit unzugänglich sein. Das kann durch Kindergitter, erhöhte Rückzugsplätze, separate Zimmer oder Treppenbereiche geschehen.
Die Katze muss die Freiheit haben, sich dem Hund zu entziehen – ohne gejagt oder bedrängt zu werden. Nur so kann sie sich sicher fühlen und Stress abbauen. Für die Katze bedeutet ständige Anspannung durch einen hetzenden Hund eine enorme psychische Belastung, die zu Verhaltensproblemen wie Unsauberkeit oder Rückzug führen kann.
Gleichzeitig unterstützt ein sicherer Rückzugsraum auch das Training deines Hundes. Wenn er merkt, dass der Zugang zur Katze nicht mehr möglich ist, verliert die Jagd mit der Zeit an Reiz. Du nimmst ihm sozusagen das „Erfolgserlebnis“ – ein entscheidender Aspekt im Anti-Jagd-Management.
✔ Struktur, Rituale und Ruhe – auch im Alltag wichtig
Unkontrolliertes Jagdverhalten entsteht nicht selten in einem allgemein unstetigen oder reizüberfluteten Alltag. Hunde, die zu wenig Ruhephasen haben, unterfordert oder überfordert sind, neigen eher zu impulsiven Reaktionen – wie dem Hetzen von Katzen.
Feste Spazierzeiten, strukturierte Fütterung, ausreichend Ruhephasen (mind. 16–18 Stunden pro Tag) und geistige Auslastung helfen deinem Hund, zur Ruhe zu kommen und insgesamt ausgeglichener zu reagieren. Management bedeutet also nicht nur „Sicherheit im Moment“, sondern auch „Stabilität im Alltag“.
2. Training mit positiver Verstärkung
Ein effektives Anti-Jagd-Training basiert auf positiver Verstärkung und Geduld. Der Hund soll lernen, dass es sich mehr lohnt, sich auf dich zu konzentrieren als der Katze hinterherzujagen.
Wichtige Grundsignale einüben
Rückruf („Hier“, „Komm“): Der Rückruf muss sitzen – auch unter Ablenkung. Übe das in reizarmen Situationen und steigere dann die Schwierigkeit.
„Sitz“, „Platz“, „Schau“: Diese Kommandos helfen, die Aufmerksamkeit deines Hundes umzulenken.
Abbruchsignal (z. B. „Nein“ oder „Aus“): Dieses Signal unterbricht unerwünschtes Verhalten – es sollte aber nicht aus Strafe, sondern als Umleitung genutzt werden.
3. Impulskontrolle gezielt trainieren
Hunde, die Katzen jagen, zeigen oft mangelnde Selbstkontrolle. Impulskontrolle ist trainierbar – mit Geduld, Struktur und dem richtigen Ansatz.
Impulse kontrollieren lernen
Leckerli-Balance: Lege ein Leckerli auf die Pfote und gib das Freizeichen erst, wenn der Hund ruhig bleibt.
Bewegungsreize stoppen: Lasse Spielzeuge, Bälle oder Reize an deinem Hund vorbeiziehen und belohne ihn für ruhiges Verhalten.
„Schau mich an“-Spiel: Trainiere gezielt die Blickfixierung auf dich in ablenkungsreichen Situationen.
4. Desensibilisierung gegenüber Katzen
Langsame Annäherung – kontrolliert und planvoll
Hierbei wird dein Hund schrittweise an die Anwesenheit von Katzen gewöhnt, ohne dass er die Kontrolle verliert. Die Katze bleibt dabei passiv und möglichst ruhig, z. B. in einem abgesperrten Bereich oder in sicherem Abstand.
So funktioniert’s:
Beobachten lassen: Der Hund sieht eine ruhige Katze aus der Ferne. Reagiert er ruhig? Lob und Belohnung!
Abstand verringern: Nach und nach den Abstand zur Katze verkleinern – immer nur so weit, wie dein Hund ruhig bleibt.
Alternative anbieten: Sobald der Hund zur Katze schaut, lenke ihn sofort mit einem Signal auf dich um. Belohne für Aufmerksamkeit auf dich, nicht für Fixierung auf die Katze.
Abbruch bei Eskalation: Zeigt der Hund Jagdverhalten (Anspannung, Starren, Bellen), brich die Übung ab und gehe wieder auf einen größeren Abstand.
5. Antijagdtraining mit Dummy oder Futterbeutel
Jagdmotivation kanalisieren – aber sinnvoll!
Viele Hunde jagen nicht aus Aggression, sondern weil das Verhalten Spaß macht. Dieses Bedürfnis kannst du in geregelte Bahnen lenken.
Jagdersatztraining:
Futterbeutel-Training: Lerne deinem Hund, statt einer Katze lieber den Beutel zu verfolgen und dir zurückzubringen.
Schnüffelspiele: Fördern Nasenarbeit und geistige Auslastung – besonders effektiv bei jagdlich motivierten Rassen.
Suchspiele mit „Beute“: Verstecke Spielzeuge oder Leckerli – dein Hund darf suchen, nicht hetzen.
6. Häusliches Zusammenleben: Hund und Katze unter einem Dach
Der Klassiker: Hund jagt die Familienkatze
Gerade bei einem Mehrtierhaushalt ist es essenziell, für Ruhe und Sicherheit zu sorgen.
Tipps für die Zusammenführung:
Zunächst räumliche Trennung: Gib jedem Tier seinen Bereich, damit kein Stress entsteht.
Geruchsaustausch: Decken, Spielzeuge oder Näpfe tauschen hilft, Vertrauen über den Geruch aufzubauen.
Beaufsichtigte Begegnungen: Führe Hund und Katze nur unter Aufsicht zusammen – idealerweise, wenn der Hund müde ist.
Loben bei ruhigem Verhalten: Jedes ruhige Interesse an der Katze wird sofort positiv verstärkt.
7. Verhaltensberatung & Hundetrainer – wann Hilfe nötig ist
Wenn Training allein nicht reicht
Nicht jeder Fall ist mit Hausmitteln zu lösen. Gerade bei aggressivem oder hochgradig triebgesteuertem Verhalten kann professionelle Unterstützung den entscheidenden Unterschied machen.
Woran erkenne ich, dass ich Hilfe brauche?
Dein Hund zeigt extreme Erregung beim Anblick von Katzen.
Er lässt sich nicht abrufen oder ignoriert dich komplett.
Es gab bereits Beißvorfälle oder ernsthafte Verletzungen.
Du fühlst dich mit der Situation überfordert oder unsicher.
Ein erfahrener Hundetrainer oder eine Hundepsychologin kann den individuellen Fall analysieren und einen maßgeschneiderten Trainingsplan erstellen.
8. Was du auf keinen Fall tun solltest
Fehler, die das Problem verschärfen
Auch wenn der Frust groß ist – falsche Maßnahmen können das Verhalten deines Hundes verstärken oder zu neuen Problemen führen.
Diese Dinge solltest du vermeiden:
Strafe: Lautes Schimpfen, Leinenrucke oder körperliche Strafen verstärken oft nur die Erregung – oder machen dich für den Hund weniger vertrauenswürdig.
Ignorieren des Problems: Ein Hund, der regelmäßig jagen darf, wird dieses Verhalten weiter festigen.
Katzen provozieren: Den Hund gezielt mit Katzen zu konfrontieren, um ihn „abzuhärten“, ist tierschutzrechtlich bedenklich und kann gefährlich enden.
Persönliche Zusammenfassung
Ein Hund, der Katzen jagt, folgt oft einem tief verankerten Instinkt – doch das heißt nicht, dass du machtlos bist. Entscheidend ist, das Verhalten deines Hundes zu verstehen, ihm Alternativen zu bieten und schrittweise an kontrollierte Begegnungen mit Katzen heranzuführen. Ein Mix aus Management, positivem Training, Impulskontrolle und Geduld ist der Schlüssel zum Erfolg. Nutze die Motivation deines Hundes für gemeinsame Aktivitäten, die Spaß machen – und stärke so eure Bindung. Je früher du beginnst, desto besser lassen sich unerwünschte Jagdverhalten umlenken. Und: Hol dir Unterstützung, wenn du alleine nicht weiterkommst – das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung.